Eigentlich…

… ist es ja sehr schön, abends ins Bett zu gehen und dort schon ungeduldig erwartet zu werden. Das passiert mir jetzt seit Tagen. Aber es gefällt mir nicht. Muss an mir liegen.

In mein Schlafzimmer ist nämlich eine unsichtbare und sogar unhörbare Mücke eingezo-
gen. Jeden Abend gucke ich überall genau nach, ob ich sie diesmal endlich finde, aber ’s ist jedes Mal Essig. Auch Rufen und Locken mit entblößtem Unterarm nützt gar nix, – ich krieg’ sie einfach nicht zu sehen. Dabei müsste das Vieh eigentlich inzwischen fast so groß sein wie ein Sperling oder so! Schließlich wache ich jeden Morgen mit wieder neuen Piekspünkten auf. Dass ich ein Kilo abgenommen habe, ist bestimmt auch kein Zufall.

Bezeichnenderweise habe in den letzten Tagen auch noch einen lustigen Roman gelesen, in dem sich’s um Vampire dreht… Immerhin habe ich nun eine ungefähre Vorstellung davon gewonnen, wie die Mücke wohl vonwoausauchimmer auf mich guckt, wenn ich schlafend auf der Matte liege: „Ich bin reich! Ich bin reich!!! Alles meins! Hähähähä!!! Ich bin unermesslich reich und unsterblich!“

Ich überlege jetzt ernsthaft, mir aus Schaschlikstäbchen mal so kleine Holzpflöcke zu schnitzen…

Danke, Charlie!

Endlich ist es trotz himmelhoher Spritpreise möglich, das dicke Auto einfach weiter zu fahren und trotzdem eine Grundversorgung halbwegs zu gewährleisten:

Gemüsecharles

 

weiss

weiss

weiss

Also, dass wir da nicht selbst drauf gekom-
men sind!

Schade eigentlich, dass die Polopferde ein bisschen zu groß sind, um den Pflug durch den Balkonkasten zu ziehen.

Was könnten wir noch tun?

Champagner und Kaviar in der Regentonne kühlen, um den Stromverbrauch zu senken? Lachse in der Badewanne züchten, mit’ner schönen Fischtreppe in die Dusche? Den Heli mit selbst angebautem Rapsöl tanken? Tsss.

Pommesknoten rot/weiß

Irgendwo in den Kommentaren zu diesem Eintrag hatte ich was versprochen. Und nun, nach minutenlanger, mühseliger Heimarbeit: – biddesehr!

Noch ahnen sie nichts…
Vor_Pommesknoten

Aber dann!

– Kommt die gnadenlos fingerfertige, pommesbiegende Theobromine ins Spiel!
Pommesknoten
Und: JAAAAAAAAAAA! Sie schafft es!!!! Da liegt er nun: für nix gut, aber lustig.
– Der erste dokumentierte Pommesknoten der Welt!

(Umstanden von seinen staunenden Kollegen, die es leider nicht geschafft haben…)

Schlafmann

Gestern. Da war wieder so einer!
Bald sind sie bestimmt überall…

Immer, wenn in einem Krimi ein ganz ausgefuchster Verdächtiger oder eine zu Beschüt-
zende im Krankenhaus liegt, und es wird ein Wachmann zum Aufpassen vor der Tür des Krankenzimmers postiert, dann… – Ja, dann kann man doch jetzt den Fernseher genauso gut ausmachen, oder? Jedenfalls ist das immer der Moment, in dem die Bromine auf dem Lümmeldiwan „Menno!“ schreit.

Es scheint bei der Polizei eine Sonderabteilung zu geben, in die nur die ganz dämlichen Kollegen abkommandiert werden.

"Siehste?" – "Nö."

Manchmal sieht man Sachen eine ganze Weile nicht, obwohl sie da sind und eigentlich sogar ganz interessant. Mir ist zum Beispiel eben erst aufgefallen, dass ich wohl kürzlich aus Versehen das tag „außeririsch“ vergeben habe. Draufgeklickt verbirgt sich dahinter Darth Vader. Und der ist natürlich wirklich außeririsch, ja sogar außerkontinentisch! Der schmiert sich morgens bestimmt keine golden eingewickelte Butter auf’s Brot und hört dabei auch sicher nicht die Pogues. Also lasse ich das tag jetzt auch so stehen.

Gestern hingegen habe ich drei unsichtbare Brötchen gesehen. Echt.
Leider habe ich kein Foto davon gemacht.

Ich war nämlich beim p*nny, und da hatten sie so Tüten mit Aufbackbrötchen. Ich nahm eine hoch und da stand „8 Sonntagsbrötchen“ drauf. Oder vielleicht auch „8 Aufbackbröt-
chen“. Egal. Jedenfalls „8 irgendwasbrötchen“. Und weil ich eigentlich so in Gedanken war, starrte ich total lange auf diese Tüte. Irgendwas stimmte damit nicht.

Und dann war ich plötzlich wieder ganz da und sah, dass da nur 5 Brötchen drin waren. Hab’ ich natürlich gleich geguckt, ob das bei den anderen Tüten auch so ist, aber die wa-
ren alle von 8 bleichen Insassen bewohnt. Nur eben die eine nicht. Oder es waren eben 5 sichtbare und drei unsichtbare Brötchen drin. Ich hab’ dann zwar was Anderes gekauft, mich aber auf dem Nachhauseweg die ganze Zeit gefragt, ob der, der die Tüte dann statt meiner mitnimmt, das überhaupt merkt. Und wenn, ob dann dort zuhause Verwicklungen entstehen über die drei fehlenden Brötchen.

„Da waren doch noch drei Brötchen! Wo sind die?!“

„Was denn für Brötchen?“

„Na, Brötchen, eben! Dreie!“

„Da sind keine Brötchen mehr…“

„Da waren aber welche! Hier! Steht doch drauf: 8 irgendwasBrötchen! Und heute Morgen hatte ich drei und Du zwei! Wo ist denn dann der Rest? Hast Du die aufgegessen?“

„Da waren echt keine… „

„Wohl! Da stehts doch drauf…!“

Und natürlich hätte dann wirklich niemand die Brötchen heimlich gegessen. Denn was soll man sich denn auch schon auf fehlende Brötchen drauflegen? Lightkäse? Und lässt man da dann vielleicht auch noch die Butter weg?

Oder: gesetzt den Fall, es waren doch unsichtbare Brötchen: was passiert eigentlich, wenn man davon drei in der eigenen Küche frei lässt…? Vermehren die sich? Und wie? Wo die doch unsichtbar sind! Und wäre das überhaupt schlimm? Vielleicht ist meine Küche schon voll davon, und ich weiß es bloß nicht…

Also langweilig mir war der Rückweg bestimmt nicht!

Freunde bleiben

Eben, direkt nach dem Aufstehen, habe ich mein Profil gelöscht. Das klingt jetzt fast ein bisschen wie eine Umschreibung für „Ich habe ein Bier getrunken“. Aber das Bier habe ich ja schon gestern Abend getrunken, weil das brauchte ich, um schlafen zu können. Wie das eben manchmal so ist.

Das Profil, das ich gelöscht habe, war eins bei einem Anbieter für Schulfreunde-Wiederfin-
derei. Da hatte ich mich vor zwei Jahren oder so mal angemeldet, in der Hoffnung, eine bestimmte Freundin wieder zu finden, an die ich oft denke, von der ich aber nicht weiß, wo sie jetzt wohl steckt. Doch leider tauchte I. in diesen zwei Jahren kein bisschen in den Verzeichnissen auf. Auch sonst keiner der früheren Freunde, zu denen der Kontakt mal abbrach, und die ich vermisse. Stattdessen wurde ich immer öfter von Leuten angemailt, mit denen ich damals in der Schule überhaupt nichts zu tun hatte (teilweise mit voller Absicht) und die jetzt mit mir rührselig oder albern werden wollten.

Gebaggert wurde übrigens auch ganz munter. Naja, ich bin jetzt in ’nem Alter, wo sich viele Leute gerade wieder scheiden lassen oder sich in ihren abgezirkelten Ehen fast zu Tode langweilen…

Der einzige ehemalige Mitschüler, mit dem ich mir längere mails schrieb, war einer, mit dem ich damals vermutlich nie ein einziges Wort gewechselt habe, weil wir beide ziem-
liche Außenseiter waren.

Im letzten Herbst war dann sogar ein Klassentreffen anberaumt, aber da bin ich nicht hin-
gegangen. Ich bin doch nicht bescheuert! Ich hab’ die Schule nämlich gehasst und sie nur wegen I. überhaupt durchgestanden. Und dann den ganzen Abend lustige Anekdoten zu hören und Familienfotos von Leuten zu begucken, deren Namen mir aus gutem Grund nicht mehr einfallen, wollte mich nicht locken. Ich hatte damals auch keinen Schwarm in der Klasse, der jetzt vielleicht durch Wampe und Halbglatze Erleichterung in mir auslösen könnte darüber, dass ich ihn mir damals nicht gefügig machen konnte. Und Doppelhaus-
hälften sind sowieso nicht meins. Ich finde, das klingt immer, als würden die gleich in zwei Teile auseinanderklappen, während man beim Abendessen sitzt.

In letzter Zeit muss jedenfalls diese Plattform geboomt haben, denn ich wurde in immer kürzeren Abständen von Leuten in die Kontaktliste aufgenommen, die ich dort nie und nimmer vermutet hätte. Es gibt da zum Beispiel einen ehemaligen Punk, der früher ein sehr guter Freund meines damaligen Liebsten G. war. Wir kennen uns alle noch vom Dorf und so. Ich sehe ihn manchmal hier in Linden oder auf dem Flohmarkt, wir sagen uns aber nicht mal „Hallo“… Und neulich finde ich mich plötzlich in seinen Kontakten wieder. Spießer, der.

Der ausschlaggebende Schubs war jetzt aber, dass mich vor einigen Tagen tatsächlich Jemand in diese Liste gesammelt hatte, mit dem ich eigentlich nicht mehr rede, weil ich nicht wüsste worüber, und bei dem ich nur noch lächelnd abwinke. Ich bin ja eigentlich immer sehr bemüht, mit Allen gut klar zu kommen, sogar mit Exlieben. Freund M.* ist da ja das beste Beispiel, mit dem kann man sowas aber auch. Bei J. aber ist da nicht nur Hopfen und Malz verloren, sondern auch noch das Brauwasser, das Fass, der Gersten-
bauer und seine ganze Familie. Und die Verwandten. Und deren Haustiere. Und die hustenden Flöhe von denen. Und der Staub auf den Haaren von den Flöhen. – Ich könnte ewig so weitermachen…

Da hab’ ich gemerkt, dass meine Vergangenheit zum überwiegenden Teil eigentlich ganz gut da liegt, wo sie liegt. Hinter mir. Und dass man nicht alles mitmachen muss, nur weil es geht. Entweder bleiben Freundschaften von allein erhalten, oder man begegnet sich so irgendwann wieder.

Nachteil: Dann steht meistens der Name nicht dran.

 

* (Übrigens Nachtrag zu „Könn’se ma eben.“: M. sagte mir gestern, er wäscht seinen Wäschekorb übrigens ständig leer! Das liegt aber natürlich daran, dass seine Wäscheteile auch alle gleich behandelt werden, – geradezu Wäschekommunismus ist das! Alles kommt zusammen und dann gibt’s 45°C, feddich! Er trägt allerdings auch nur Schwarz, Grau, Dunkelblau und so.)

Artistin, die Text ertastet.

Ach, in letzter Zeit fühle ich mich öfter wie diese Artisten im Zirkus, die auf einem Brett-
chen balancieren, unter dem so eine Walze liegt. Und oben rum wird onnoch wild jongliert. Ich hab’ eben mal versucht, rauszukriegen, wie dieser spezielle Balance-, oder vielmehr Equilibristik-Akt eigentlich heißt. Das war gar nicht einfach. Das Walzen-/Brettchendings heißt also Rola Bola.

Ich kann somit jetzt immerhin, wenn jemand fragt: „Wie geht’s?“, antworten: „Och, ich füh-
le mich wie auf einem Rola Bola!“ Und dann weiß sicher sofort jeder Bescheid und wird mich mit weiterbohrenden Fragen verschonen.

(Übrigens kann ich mich im Moment nur ganz schlecht konzentrieren, weil über mir gera-
de eine Gitarre verhauen wird. Also, jetzt nicht direkt über mir, sondern natürlich in der Wohnung über meiner. Ich hab’ ja eigentlich schon den Friedhelm nebenan, der seit min-
destens acht Jahren seine arme Gitarre beschrummelt. Neulich kam ich mal nach Hause, da erklang aus der Nebenwohnung plötzlich virtuoses Geperle. Toll, dachte ich, er lernt’s nach all‘ den Jahren doch noch! Das ist ja ein richtiges Konzert! – Und dann sprach mitten-
mal der Radiomoderator… Und nun noch so einen Kandidaten über mir? Im Moment hört es sich an, als versuche er? sie? wenigstens erstmal, die Gitarre zu treffen. Klappt…)

Hm. Was liegt denn hier noch?
Noch4

Ach so. Das sind ja bloß die vier Damen aus der Mückenvergrößerungsabteilung, die sich da gerade ihre verdienten Feierabendbiere bestellen…

Könnse ma eben?

So. Die Bromine ist seit eben wieder zuhause.

Und ich behaupte hier einfach mal, dass auf der Rückfahrt kein einziger Technofuzzi im Zug war. In keinem der drei Regionalzüge, mit denen ich gefahren bin. Dafür bin ich jetzt fast so schockgefrostet wie die Spinatpellets in meinem TK-Fach, weil die Klimaanlage in diesen Zügen vermutlich nach dem Kalender funktioniert (und sogar auf Jahre hinaus vor-
eingestellt ist) und nicht nach den tatsächlich vorherrschenden Temperaturen. Demnach hatte man jedenfalls für den heutigen Tag richtig dicken Sommer eingeplant. Sei’s drum. Bahnanmotzung ist schon seit 100 Jahren langweilig, deswegen hör’ ich jetzt auch wieder damit auf.

Der Koffer ist also frisch ausgeleert, der Wäschekorb eingevollt aufgefüllt…

Das bringt mich wieder darauf, dass ich manche Sachen einfach nicht kann. Dazu gehört nämlich u.A. das „Komplett-Leerwaschen-des-Wäschekorbs“. Es soll irgendwo Leute ge-
ben, die diese Kunst meisterlich beherrschen und noch nicht mal damit angeben.

Weitere Sachen, die ich nicht kann:

– Im schwarzen Shirt Zähne putzen, ohne hinterher weiße Pünkte drauf zu haben (bei allen anderen Farben geht’s merkwürdigerweise).

– Morgens schon Bier trinken. (Sekt hingegen: alle Tageszeiten.)

– Meine Augenbrauen so gut wie weg zupfen, um sie mir dann zwei Zentimeter höher wie-
der aufzumalen.

– Hosenröcke tragen. (Das wohl lächerlichste Kleidungsstück aller Zeiten.)

– Salto.

– Geburtstagskarten schön beschreiben (im Gegensatz bspw. zu Einkaufszetteln).

– Mist noch mal…, – was war das noch, was ich mir nie merken konnte?!?

– Morgens schon McDämlich-Kram essen. (Oder nachmittags. Oder überhaupt.)

– Gitarre spielen. (Mein geduldiger Gitarrenlehrer empfahl mir nach 5 Unterrichtsstunden, lieber beim Singen zu bleiben. Da müsste ich wenigstens nix mit den Händen machen. Aber ich könnte seinetwegen natürlich ruhig, wenn ich wollte.)

– Kapuzinerkresse endlich mal ohne Blattläuse haben.

– Pulverige Sachen umfüllen, ohne zu rumzubröseln.

– Salzfässchen aufschrauben, ohne dass ein halbes Pfund Salz verstreut ist.

– Einen Text tippen, ohne wenigstens einmal an der blöden fESTSTELLTASTE hängen zu bleiben (weswegen ich sie auch aus meiner PC-Tastatur heraus operiert habe).

Aber ich kann:

– mich gleich erstmal auf’s Sofa legen. Puh!

Neues aus der Landarztpraxis

Also, das ist doch jetzt endlich mal innovativ:

Endlich muss selbst in schweren Fällen nicht mehr mit der Rüttelplatte gearbeitet werden, um das Gewebe in Schw(ing)ung zu bringen!

Gewebepflug1

Und wenn der Pflug dann einmal gründlich durch ist, geht man einfach noch mal mit dem Damenspaten oder einer Harke drüber und schon kann man die tollsten Sachen anbauen: Kohlrabireihen zwischen den Schulterblättern, Radieschenbüschel in den Kniekehlen, Stangenbohnen in den Ohren, leckere Tomaten auf den Augen, Spargel in der Bauchfalte, Rosenkohl unter den Armen und auf der Hüfte Bananen…

Und so ist gleich eine gesunde, kalorienarme Ernährung auf Dauer gewährleistet und die Vitaminversorgung aber so was von gesichert, was dem warum-auch-immer-schwingen-
müssenden-Gewebe sicher ausgesprochen zugute kommt.Und als Nächstes erwartet uns vermutlich „Mit dem Heuwender durch die Frisur!“. Eventuell.

 

Reisen ist toll. Ehrlich.

Dortmund
Kaum Jemandem wird’s verborgen geblieben, dass ich öfter mal mit’m Zug fahre; – gestern hab’ ich’s schon wieder getan. Und zwar habe ich’s nach Düsseldorf getan.

In Hannover auf dem Bahnsteig saß ich erst noch ein Viertelstündchen in so einem Draht-
ding, die sie einem dort als „Sitzgelegenheiten“ unterjubeln wollen und wo einen der kalte Wind so richtig schön von unten und von hinten erwischen kann. Ein Pärchen setzte sich neben mich und dann roch es plötzlich sehr unfein. Ich dachte schon: Puh, da ist aber bestimmt jemand ziemlich krank oder so. Aber als ich vorsichtig rübergucke, stelle ich fest, dass die Beiden nur ihr Frühstück ausgepackt haben. Aus so braunen Papiertüten, die man bei diesem einen Frikadellenbrater bekommt. Sie hatte sich wohl so ein komi-
sches Eidings einpacken lassen, und dem Geruch nach musste das fast älter sein als ich. Was Leute so runterkriegen, morgens um achte!

Als unser Zug dann kam, stiegen da auch ein paar Jungs ein, die schon ein 5l-Bierfäss-
chen ernsthaft in Arbeit hatten. Also wirklich. Was Leute so runterkriegen, morgens… Zum Glück setzten die sich aber eine ganze Ecke weit weg von mir und der Zug war ohne-
hin himmlisch leer. Leider bin ich mit diesem Zug nur eine halbe Stunde gefahren, bis ich in Minden umsteigen musste.

Und in Minden schwante mir Böses. Denn der Mindener Bahnhof, der übrigens eine sehr interessante Anordnung der Gleise hat (Gleis 1 führt irgendwie vor dem Bahnhofsgebäude lang. Da muss man, wenn man drauf angewiesen ist, auch erstmal drauf kommen.), war voll mit Geradeerwachsenen in unterschiedlich stark angetrunkenen Zuständen. Wie ge-
sagt, was die Leute so runter… Ich brachte mich fix auf einem Fensterplatz unter, meinen Koffer vor dem Sitz neben mir, als die Mindener schon unter Getöse den Zug stürmten. Vor mir nahm ein netter junger Mann Platz, und fragte mich gleich: „Na? Fährste auch zur Love-Parade?“ Und da hat’s dann aber ganz ordentlich gedämmert in meinem Oberstüb-
chen! „Äh, nee. Wo ist die denn dieses Jahr?“ – „Na, in Dortmund!“

Bis Dortmund waren’s noch zweieinhalb Stunden, mindestens. Eher drei. Ach, – hab’ ich schon erwähnt, dass der Zug übrigens ein Regionalexpress war? So einer, der alle zehn Meter anhält? Jetzt wurde mir auch klar, wieso ich kein vernünftiges ICE-Ticket mehr be-
kommen hatte. Sondern nur so eins, mit dem ich zweimal umsteigen musste, um an meinen Zielort zu kommen. Love-Parade! Und keine Zusatzzüge für die erwarteten 2 Millionen Besucher. Na klar! Deswegen. Na, das konnte ja lustig werden…

Wurde es leider nicht. Es wurde sehr schnell sehr eng. Neben mich quetschte sich ein Mädchen, dem es zum Glück nichts ausmachte, dass wir unsere Beine um meinen Koffer drapieren mussten (in Regionalzügen sind die Über-Kopf-Gepäckträger-Regale nämlich in so einer wahnwitzigen Schräglage angebracht, dass kein kleinstes Köfferchen reinpasst. Höchstens mal ein Tütchen Erdnüsse oder so). Das Mädchen packte mal gleich ein Grapefruitbier aus (Grapefruit ist ja auch sehr gesund zum Frühstück) und dazu noch so ein kleines Püllchen, bei dem man wohl erstmal anklopfen muss, bevor man’s öffnen darf. Fiel aber gar nicht weiter auf. Eigentlich war ich die Auffällige, weil ich als Einzige keinen Flaschenhals im Gesicht hatte.

Mein „Prost!“ hat sie bestimmt auch gar nicht gehört, dafür war die Musik zu laut. Ich bin mir jedenfalls relativ sicher, dass da Techno lief, irgendwo unter dem Geschrei („Nee, das macht voll blass, da sieht man ja aus wie son Gothik-Vieh!“ „Intim mach’ ich mir nicht, das ist doch voll hässlich!“ „Boah, ich muss voll pissen, Alter, ich glaub’, der Urin zirkuliert bei mir schon bis in die Herzkammern!“) und den Fußballgesängen („Oleeee, wir fahr’n zur Love-Parade!!!“ „Es gibt nur ein’n Rudi Völler!“). Es war aber auch sowieso kein besonders guter Techno, eher so das, was man an der Tanke als Sampler-CD kaufen kann, deswe-
gen war’s auch nicht richtig schade drum.

Schade war, dass in mir Panik aufstieg, weil ich mir vorkam wie in einem Viehtransporter. Eng zusammengequetscht, keine Aussicht darauf, eventuell irgendwie zum Klo zu kom-
men oder auch aussteigen zu können, um dann drei Stunden in, sagenwirmal, Beckum rumzustehen und zu warten, bis alle Sauftüten in Richtung Dortmund durchgerauscht sind. Das war nix für die alte Bromine, das kann ich Euch sagen. Das Feiern, Rauchen, Saufen und die aufgeregte Vorfreude hätte ich noch prima ausgehalten, wenn da nicht noch diese drangvolle Enge und der unglaubliche Lärm gewesen wären.

In jedem Bahnhof versuchten sich noch Hunderte dazuzuquetschen, was dazu führte, dass wir jeweils mindestens eine Viertelstunde standen und mehrfach die Durchsage kam, wir sollten doch bitte endlich die Türen freigeben, damit’s weiter gehen kann. Und natürlich fingen auch welche an, sich zu buffen, weswegen dann auch noch Spezialpolizei in voller Montur anrückte, um „zu schlichten“. Da standen wir schon in Hamm und eigent-
lich wär’ es jetzt nicht mehr weit gewesen. Das ging natürlich schon ein bisschen auf die allgemeine gute Laune. Ich konnte eigentlich schon länger nicht mehr, wenn ich ehrlich bin. Irgendwann setzte sich in mir ein Mantra durch: „Halt durch, Baby. Halt durch.“ Komisch, ich hab’ mich noch nie von Ir-gend-wem „Baby“ nennen lassen, nicht mal von mir selber. Half aber. Muss ich mir also mal merken.

In Dortmund kamen wir jedenfalls nach vier Stunden an, kurz bevor die ersten anfingen, in die Ecken zu pinkeln oder sich zu übergeben. Der Zug leerte sich und zurück blieben eine Handvoll „Normalreisende“ wie ich, die wortlos erschöpfte, aber bedeutungsvolle Blicke tauschten. Dazu tonnenweise leere Flaschen (was eine eigentlich interessante Geräusch-
kulisse abgab, wenn wir z.B. in Kurven fuhren oder hielten), Müll und eine gefühlte 1-cm dicke klebrige Bodenschicht aus Asche, Bier, Wodkairgendwas, Kippen und zertretenen Chips. Was eben von der Liebe übrig blieb…

So sehr hab’ ich echt mich noch nie gefreut, Düsseldorf zu sehen.

Da war der Rest der Fahrt (immerhin noch anderthalb Stunden) die reinste Kreuzfahrt. Nächstes Jahr soll die Love-Parade ja in Bochum sein. Aber dann ganz sicher ohne mich. Bochum liegt ja noch hinter Dortmund, also, von Hannover aus gesehen.

Nee, echt. Voll sorry.

(Der Text ist übrigens nur deshalb so lang, weil mir die Fahrt fast wie ein halbes Leben vorkam…)